Franziskus und Clara: Sie kamen aufeinander zu und blieben zeitlebens einander zugewandt. Sie wollten – der eine wie die andere – die totale Armut leben, um frei und leer zu sein für das Geschenk und den Reichtum des göttlichen Reiches. Das war es, was sie gemeinsam bewog.
Franziskus, 1181 oder 1182 als Sohn reicher Kaufleute geboren, wurde auf den Namen Giovanni (Johannes) getauft. Doch da sein Vater Pietro Bernadone, ein Tuchgroßhändler, enge Handelskontakte zu Frankreich unterhielt und auch sonst die französische Kultur und Lebensart liebte, nannte er seinen Sohn „Francesco“. Chiara Offreduccio di Favarone, hochwohlgeborene Tochter aus adeligem Hause, wurde 1193 in Assisi geboren.
Unbeschwert und reich
Franziskus sollte zunächst in die Fußstapfen seines Vaters treten und das elterliche Unternehmen übernehmen. So besuchte er die Kathedraleschule zu Assisi, lernte Französisch und Latein und war ansonsten ein ganz normaler junger Mann. Er genoss das Leben eines privilegierten Sohnes aus reichem Hause, trieb sich mit Gleichgesinnten in den Gassen von Assisi herum und träumte davon, Ritter zu werden. Mit Sicherheit hört die elf/zwölf Jahre jüngere Clara von den Eskapaden des jungen Bernadone, dem Anführer, dem König der Jugend Assisis.
Doch der Plan, Ritter zu werden, scheiterte kläglich. Assisi war eine Stadt voller sozialer Gegensätze. 1198 lehnten sich die Bürger Assisis auf; der Adel, darunter auch die Familie Claras, floh ins Exil nach Perugia. Ab 1202 tobte ein langjähriger Krieg zwischen Assisi und Perugia. Zusammen mit den übrigen jungen Männern seiner Heimatstadt war auch Franziskus 1204 in den Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia gezogen.
Statt zu dem erhofften Ruhm und der ersehnten Ehre zu gelangen, geriet er jedoch in Gefangenschaft und wurde krank. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt Assisi wusste Franziskus nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Er steckte in einer Lebenskrise. So vernachlässigte er immer mehr seine Aufgaben im elterlichen Geschäft. Einige Male verschenkte er teure Stoffe an Arme und Bedürftige. Dies forderte den Zorn seines Vaters heraus. 1206 kam es schließlich zum endgültigen Bruch: Vor den Augen des Bischofs und des Volkes von Assisi zog er seine Kleider aus und gab sie dem Vater zurück.
Radikale Nachfolge
Nun begann für den Sohn des reichen Kaufmanns ein neues Leben: Er kleidete sich mit einem einfachen Büßergewand aus brauner Wolle und zog sich in einsame Höhlen und abgelegene, zerfallene Kapellen zurück. Eines Tages hörte er die Stimme Jesu, als er vor einem Kreuz betete: „Franziskus, geh hin und stelle mein Haus wieder her!“ Daraufhin begann Franziskus, verfallene Kapellen zu renovieren, da er die Aufforderung zunächst wörtlich verstand. 1209 wurde in der kleinen Kapelle von Portiunkula das Evangelium von der Aussendung der Jünger gelesen; dem zufällig anwesenden Franziskus gab dies den Anstoß, unter die Leute zu gehen und zu predigen. Bald scharten sich die ersten Gefährten um ihn. Die „minderen Brüder“, wie sie sich nun nannten, zogen als Wanderprediger umher und arbeiteten bei den Leuten. Sie waren arm und fröhlich. Sie verkündeten den Frieden und die Frohe Botschaft Gottes – mehr durch ihr Leben als durch ihre Worte.
1210 hörte Clara die Predigten von Franziskus, zwei Jahre später schloss sie sich als erste Frau der Gruppe an. Zu ihrer Zeit gab es für Frauen nur eine Alternative zur Heirat, nämlich das Kloster. War die Frau von edler Herkunft, so heiratete sie „edel“, und wenn sie ins Kloster ging, lebte sie auch dort „edel“. Clara war von edler Herkunft, ihre Eltern gehörten zum Adel Assisis. Als sie in der Nacht des Palmsonntags 1212 heimlich ihr Elternhaus verließ, um zu den Brüdern nach Portiunkula zu gehen, hatte sie einen Schritt getan, dessen Folgen sie sicher nicht in allen Konsequenzen vorausgesehen hatte.
Clara hatte sich wie Franziskus für das Evangelium entschieden und für die Art und Weise der Nachfolge, wie sie es bei Franziskus und seinen Brüdern sah. Franziskus schnitt ihr feierlich die Haare ab, bekleidete sie mit dem groben Bußgewand, sie legte ihm die Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam ab. Es gelang ihr, den ihr nachstellenden Familienangehörigen die Unwiderruflichkeit ihrer Entscheidung klarzumachen, indem sie ihnen ihr geschorenes Haupt zeigte.
Sei gelobt, weil du mich erschaffen hast
Franziskus gründete für Clara, ihre Schwester und weitere Gefährtinnen den „Zweiten Orden der Armen Frauen“ als Zweig des ersten Ordens, seiner Bruderschaft. Die Benediktiner von S. Angelo überließen den Frauen das Kirchlein San Damiano vor den Toren Assisis, wo Clara als Äbtissin der sich rasch vermehrenden klösterlichen Gemeinschaft vorstand. Ihre Schwestern Agnes und Beatrice sowie ihre Mutter folgten ihr schließlich dorthin. Die schon als Kind kränkliche Clara war ab 1224 ganz ans Bett gefesselt, von hier aus leitete sie ihren sich in mehreren Klöstern ausbreitenden Orden. Da sie ihr Erbe den Armen vermacht hatte, war sie auch arm geworden. Sie war ganz bewusst aus ihrem bisherigen sozialen Gefüge herausgetreten und musste fast vierzig Jahre darum kämpfen, nicht wieder „eingefangen“ zu werden. Als erste Frau hatte sie eine Ordensregel verfasst und sich standhaft gegen die „Rezepte“ anderer gewehrt.
Sie war kein Anhängsel an Franziskus, sondern eigenständig und eigenwillig. Ganz deutlich wird dieser Zug bei ihrem „Armutsstreit“ mit der kirchlichen Autorität. Erst zwei Tage vor ihrem Tod konnte sie das päpstliche Dokument in Händen halten, das ihr bescheinigte, dass niemand sie oder die Schwestern ihrer Gemeinschaft jemals zwingen könne, von der von ihnen freiwillig gewählten Armut abzulassen. Ihr einziges Privileg, das sie jemals schriftlich verbürgt haben wollte, war, kein Privileg haben zu müssen. Franziskus blieb stets in Kontakt mit dieser unbeugsamen Frau und bat sie oft um Rat.
Reichtum in der selbst gewählten Armut
Im Laufe weniger Jahre wuchs die Gemeinschaft Franziskus‘ aus einer kleinen Gruppe von zwölf Freunden zu einer weit verbreiteten Gemeinschaft. An Pfingsten 1217 trafen sich die Brüder in Assisi und beschlossen, auch in Frankreich, Spanien und Deutschland kleine Niederlassungen zu gründen. Franziskus selbst ging 1219, mitten in der Zeit der Kreuzzüge, zu den Sarazenen (Muslimen). Ursprünglich wollte er sie zum Christentum bekehren. Entgegen den Befürchtungen seiner Mitreisenden gelang Franziskus unbeschadet zum Sultan, schloss Freunschaft mit ihm und setzte sich so für eine friedliche Lösung des Konfliktes zwischen den verfeindeten Religionen ein.
Am 29. November 1223 bestätigte Papst Honorius III. endgültig die Lebensregel der Minderbrüder, die Franziskus zusammen mit einigen Vertrauten in einer Einsiedelei verfasst hatte.
Trotz vieler innerer und äußerer Leiden, trotz Krankheit und Erschöpfung, blieb Franziskus der „Bruder Immerfroh“. Von Schmerzen gepeinigt und den nahen Tod vor Augen, dichtete er bei Clara in San Damiano den Sonnengesang, eine Einladung an die Schöpfung zum Lobpreis Gottes.
Das Leben des „Poverello“, des Armen von Assisi, stand ganz in der Nachfolge des Gekreuzigten, dem er zeitlebens nacheiferte. So sehr glich er schließlich seinem leidenden Herrn, dass er zwei Jahre vor seinem Tod die Wundmale Jesu Christi empfing.
1226, am Abend des 3. Oktobers, starb Franziskus an der Portiunkula, der Geburtsstätte seiner Bruderschaft. Bereits knapp zwei Jahre nach seinem Tod wurde Franziskus heilig gesprochen. Bald brachte man seinen Leichnam in die prächtige Doppelbasilika „San Francesco“, die man zu seiner Ehre am westlichen Stadtrand von Assisi errichtet hatte.
Clara starb 1253. Mehr als 150 Klöster – darunter einige im heutigen Osteuropa – hatten sich ihr zum Zeitpunkt ihres Todes angeschlossen. Zwei Jahre nach ihrem Tode wurde auch Clara heilig gesprochen.
Bis heute erfreuen sich Franz und Clara von Assisi, über die Grenzen der Konfessionen, ja sogar über die Schranken der Religionen hinweg, einer ungeteilten Beliebtheit. Franziskus gilt als Schutzpatron Italiens. Von Papst Johannes Paul II. wurde er zum Patron des Umweltschutzes ernannt, und spätestens seit dem großen Friedensgebet mit Vertretern aller Weltreligionen 1986 in Assisi kann er auch als der „Heilige des Friedens“ gelten.
Quelle: http://www.franziskaner.de/FRANZISKUS-CLARA.25.0.html
Die vom hl. Franz von Assisi (1181/82-1226) ins Leben gerufene Brüderschaft wurde mit der Anerkennung durch Papst Innozenz III.(1209/10) und der Bestätigung der endgültigen Regel (1223) zum Orden der Minderen Brüder (Ordo Fratrum Minorum, OFM).
Nach Deutschland kamen die ersten Franziskaner im Jahr 1221. Sie fanden hier rasch Lebens- und Wirkmöglichkeit. Davon zeugen die etwa 200 Konvente, die zum Ende des 13. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum dokumentiert sind.
Die Ausbreitung des Ordens fiel mit dem Prozess der Verstädterung zusammen. Zum Stadtbild der aufstrebenden Städte gehörten sehr schnell Klöster der Franziskaner (neben Dominikanern, Augustiner-Eremiten und auch Karmeliten). Die pastorale Tätigkeit der Ordensleute kam dem Anliegen der städtischen Bevölkerung entgegen. Andererseits konnten die zur Besitzlosigkeit verpflichteten Brüder nur mit deren Hilfe von ihrer Arbeit leben. Diese fruchtbare Kooperation von Stadt und Kloster bestimmte die Anfangsgeschichte der Franziskaner in Deutschland. Sie prägte freilich auch deren franziskanische Lebensform und Tätigkeit.
Spaltung des Ordens und andere Erschütterungen
Im 15. Jahrhundert drängten Reformimpulse aus Italien und Frankreich nach Deutschland. Mit Hilfe der geistlichen und weltlichen Obrigkeit konnten sich die reformerischen Kräfte, die sog. Observanzbewegung, durchsetzen. Das führte zur Spaltung des Ordens (Franziskaner und Franziskaner-Konventualen), die im Jahr 1517 durch Papst Leo X. offiziell vollzogen wurde. Die im gleichen Jahr in Deutschland ausbrechende Reformation erschütterte den Orden zutiefst. Einige Franziskaner wurden zu begeisterten Anhängern Martin Luthers und seiner reformatorischen Theologie, andere zu entschiedenen Gegnern. Der Orden verlor in den evangelischen Städten und Ländern seine Klöster. Eine Konsolidierung setzte erst im Laufe des 17. Jahrhunderts ein. Förderer waren jetzt die weltlichen und geistlichen Landesherren, die Klostergründungen ermöglichten und zeitgemäßes Apostolat in Seelsorge, Predigt und Schule erwarteten. In die Franziskanerklöster zog barocke Lebensform mit entsprechender Frömmigkeit und Geistigkeit ein. Mit den grundlegenden politischen und kirchlichen Veränderungen um 1800 kam diese ordensgeschichtliche Epoche an ihr Ende. Die Säkularisation führte zur Aufhebung fast aller Franziskanerklöster in Deutschland. Der Neubeginn setzte nur zögerlich ein; jede Klostergründung hing von staatlicher Genehmigung ab und blieb unter strenger staatskirchlicher Aufsicht. Trotzdem konnte sich der Orden behaupten und nach und nach seine alte Organisation wieder aufnehmen.
Heute: Weltweite franziskanische Präsenz
Die apostolische Tätigkeit fand ihren Ausdruck in seelsorglicher Aushilfe, Volksmission, Wallfahrtsorten und Exerzitien. In großem Ausmaß engagierten sich die deutschen Franziskaner jetzt in der Auslandsmission (China, Japan, Südamerika). Der Orden wurde weltweit präsent, freilich noch unter der Form eines europäischen Franziskanertums. Der geographischen Ausbreitung entsprach das personelle Wachstum, das ein vielfältiges, beeindruckendes Apostolat ermöglichte.
In jüngster Vergangenheit und Gegenwart teilt der Orden, der nach den Jesuiten weltweit noch immer mit ca. 15.500 Mitgliedern der zweitgrößte Orden ist, das Geschick aller Orden der katholischen Kirche: In den alten Ländern zahlenmäßiger Rückgang, Verlust prestigeträchtiger Funktionen und Reduzierung der apostolischen Tätigkeiten. In den Ländern der „Dritten Welt“ findet der Orden zu eigener Prägung des franziskanischen Lebens.
Die der Situation geschuldeten Beschränkungen führen überall zur Neubesinnung auf „das“ Franziskanische und seiner heute verständlichen Umsetzung. Programmatisch sind Einfachheit, Brüderlichkeit, Option für die Armen und Unterprivilegierten, Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, für Frieden und Gerechtigkeit und zeitgemäße Evangelisation.
In Deutschland sind die Franziskaner mit ca. 430 Mitgliedern nach den Benediktinern der zweitgrößte Orden.
Am 1.7.2010 wurden die bislang vier existierenden Provinzen – Sächsische Provinz (Provinzialat: Hannover), Kölnische Provinz (Düsseldorf); Thüringische Provinz (Fulda), Bayerische Provinz (München) – zu einer “Deutschen Provinz von der hl. Elisabeth” (Germania) zusammengefasst